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Auf gute Nachbarschaft!
Mit dem neuen Quartier am Janup wird der historische Stadtteil Radewig der Stadt Herford weiterentwickelt und zukunftsfähig gestaltet. Es entstehen Wegeverbindungen, die die Neubebauung in den städtischen Kontext einbinden und neue Freiraumqualitäten für alle Bewohner:innen der Radewig generieren. Mit dem bewussten Verzicht auf unterirdisches Parken wird die Klimaresilienz der Radewig gestärkt und die Anpassungsfähigkeit des Quartiers an zukünftig veränderte Bedarfe gewährleistet.
Die Radewig ist mit ihrer kleinteiligen, gewachsenen Struktur seit alters her ein Quartier der kurzen Wege. Der urbane Stadtteil lebt von seinen Hauseigentümer:innen und Bewohner:innen, durch deren Engagement ein hohes Maß an Identifikation und ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl besteht. Mit dem Einfügen des Neuen wird nicht nur der vorhandene Nutzungsmix der Radewig ergänzt und gestärkt, sondern auch eine Antwort auf die vorgefundene, gewachsene Bau- und Soziostruktur gefunden.
Als neue Eingangsgeste in die Radewig entsteht an der Straße Auf der Freiheit ein selbstbewusster Kopfbau, der mit seiner Staffelung von drei bis fünf Geschossen vom benachbarten, zweigeschossigen Fachmarktgebäude zum fünfgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus im Osten vermittelt.
Im weiteren Verlauf in Richtung Gänsemarkt bildet eine Reihe dreigeschossiger Giebelhäuser die neue Raumkante zum Janup. Hier ist eine Weiterentwicklung der, für die Radewig typischen Stadthäuser mit inhabergeführten Läden im Erdgeschoss und darüberliegenden Wohnungen vorgesehen. Eine mögliche Nachverdichtung auf dem Dach des Fachmarktzentrums übernimmt die für den Stadtteil prägende, hanseatische Raumstruktur aus giebelständiger Bebauung und verstärkt so den neuen Charakter des Janup als Stadtgasse.
An der Löhrstraße fügt sich ein Quartiersparkhaus mit versetzten Parkebenen an den Kopfbau an und bildet ein räumliches Pendant zur unbebauten Ostseite der Löhrstraße. Vorgesehen ist ein System-parkhaus, welches bei veränderten Nutzungs- und Raumansprüchen einfach zurückgebaut und recycelt werden kann. Langfristig kann so auch weiterer Wohn- oder Gewerberaum an der Löhrstraße entstehen. Die Erdgeschosszone des Parkhauses steht für quartiersbezogene Sharing-Angebote, beispielsweise für Lastenräder und E-Fahrzeuge zur Verfügung. Der Komplex des alten Dohm-Hotel mit seiner denkmalgeschützten und stadtbildprägenden Fassade wird erhalten und baulich ertüchtigt. Es entstehen kleinteilige Seniorenwohnungen, die mittels eines neuen Erschließungskerns barrierefrei erschlossen werden können.
Die kleinteilige Typologie der giebelständigen Hauspaare wird für die Neubebauung entlang der Kirch-gasse übernommen und erzeugt in Kombination mit Einfriedungen eine differenzierte Raumkante zum öffentlichen Raum rund um die Jakobi-Kirche.
Sowohl vom Janup als auch vom grünen Herz des neuen Quartiers eröffnen sich vielfältige Blicke auf den Kirchturm und die Apsis der Jakobi-Kirche.
Mit dem Verzicht auf eine großflächige Tiefgarage werden etwa 45% des Plangebietes von Über- bzw. Unterbauung freigehalten. Positive Effekte sind der Schutz des kartierten Bodendenkmals sowie der Erhalt der denkmalgeschützten Fassade einschließlich des gesamten Gebäudeensembles des ehemaligen Dohm-Hotels. Dadurch werden nicht nur materielle Werte im Sinne von grauer Energie erhalten, sondern auch immaterielle Werte bewahrt und weiterentwickelt, indem die Nutzungsgeschichte des Gebäudes erlebbar bleibt. Darüber hinaus dient der Verzicht einer Unterbauung des Quartiers dem Erhalt des alten Baumbestandes sowie dem Bodenschutz und befördert damit den natürlichen Wasserkreislauf. Im Ergebnis entstehen klimatisch begünstigte, öffentliche Räume und ein lebenswertes, grünes Wohnumfeld.
Das neue Quartier am Janup schafft einen lebendigen, nachhaltig gestalteten Freiraum, der den städtebaulichen Kontext aufgreift und innovative Lösungen für Niederschlagsmanagement, Wegever-bindungen und vielfältige Nutzungen bietet. Der Freiraum gliedert sich in zwei klar unterscheidbare Bereiche: den Janup als urbane Achse und das grüne Herz des Quartiers.
Der Janup bleibt in seiner Funktion als Stadtgasse erhalten, wird jedoch zur Fußgängerzone umgestaltet und mit breiten Aufenthaltsbereichen und Vorzonen versehen. Diese Zonen bieten Platz für Außengastronomie, Fahrradstellplätze sowie die Präsentation von Waren und schaffen so einen lebendigen Straßenraum. Durch die Neugestaltung wird die Aufenthaltsqualität erhöht und die Verbindung zwischen den Gebäuden und dem öffentlichen Raum gestärkt.
Das grüne Herz des Quartiers hingegen bildet einen Rückzugs- und Aufenthaltsort für die Bewohner:innen und Besucher:innen. Hier wird auf eine umfassende Entsiegelung der Flächen gesetzt, um Raum für vielfältige Nutzungen wie Urban Gardening, Spielbereiche, Bouler-Felder und gemeinschaftliche Hofflächen zu schaffen. Die Zonierung des Raumes ermöglicht eine Durchwegung des Quartiers, die an die angrenzenden Stadträume wie den Kirchplatz und den Grünraum an der Aa anknüpft. Die Freiräume bieten dabei sowohl private als auch gemeinschaftlich nutzbare Bereiche und fördern das soziale Miteinander. Ergänzend wird östlich der Löhrstraße die Entsiegelung des bestehenden Parkplatzes und die Errichtung eines öffentlichen Spielplatzes als Trittstein der Neugestaltung der Freiraumspange an der Aa vorgeschlagen.
Ein zentraler Aspekt der Freiraumplanung ist das Retentions- und Niederschlagsmanagement. Durch den Verzicht auf unterirdisches Parken und die intensive Begrünung wird eine wassersensitive Stadt-entwicklung gefördert. Das Quartier ist so gestaltet, dass es nicht nur das eigene Niederschlagswas-ser, sondern auch das Wasser angrenzender Flächen aufnimmt und verzögert in den natürlichen Wasserkreislauf zurückführt. Auf dem Janup werden dazu sogenannte Raingardens, üppig bepflanzte Mulden, die Regenwasser aufnehmen und versickern lassen, integriert. Diese Flächen sind mit exten-siven, hitze- und dürreresistenten Pflanzmischungen gestaltet, die auch Starkregenereignisse bewälti-gen und gleichzeitig das Mikroklima positiv beeinflussen.
Insgesamt entsteht im Quartier am Janup ein vielseitiger Freiraum, der sowohl ökologisch nachhaltig als auch sozial attraktiv ist. Er verbindet historische Stadtstrukturen mit modernen Anforderungen und schafft Orte, die zum Verweilen, Spielen und Begegnen einladen, während gleichzeitig eine zukunftsfähige Antwort auf klimatische Herausforderungen gegeben wird.
Projekt | Städtebaulicher Wettbewerb Quartiersentwicklung am Janup Herford |
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Ort | Herford |
Zeitraum | 07/2024 - 09/2024 |
Auslober:in | Stadt Herford |
Leistungsumfang | Wettbewerb, Anerkennung |
Partner::innen | OTTL.LA |
Kategorie/n | Stadtplanung Städtebau Wohnen Wettbewerbe |
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